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Bildgestaltung: So machst du ansprechendere Fotos

Wenn etwas nicht rund läuft, suchen wir instinktiv nach den Fehlerquellen. Dabei suchen wir oft am falschen Ort. In der Fotografie beginnt die Suche für die meisten Menschen bei allem außer Bildgestaltung: Welche Kamera brauche ich dafür? Liegt es vielleicht am Objektiv? Habe ich die falsche Ausrüstung?

Zu selten oder oft erst sehr spät wird beim Punkt Bildgestaltung gesucht.

Deshalb kümmern wir uns in diesem Artikel um die Grundlagen der Bildgestaltung. Was ist Bildgestaltung eigentlich und welche Möglichkeiten gibt es deine Bilder ansprechender zu gestalten. Das gehört definitiv auf die Liste der wichtigsten Dinge die du tun kannst, um einfach bessere Fotos zu machen.

Alle Regeln, Möglichkeiten und die gesamte Bildgestaltung hier abzudecken wäre eine absurde Behauptung, also auch hier gilt wieder mal; ein Blogartikel, ein Tutorial usw. können im besten Fall immer nur ein Gerüst dazu geben und einen Überblick. Wenn du es richtig lernen und tiefer gehen willst, kommst du an einem Kurs und Übungen nicht vorbei.

Los geht’s.

Was ist Bildgestaltung eigentlich?

Bildgestaltung ist ein Überbegriff für mehrere Werkzeuge die zu diesem Thema gehören. Dazu gehören sehr viele Komponenten. Um nur die größten bzw wichtigsten zu nennen: Geometrie, Perspektive, Bildaufbau und Komposition und auch ein Verständnis für Farben gehört dazu.

Indem ich schon beim Fotografieren gewisse Farben zeige (oder eben auch nicht zeige), bzw dann in der Nachbearbeitung die Farbmischung nochmal beeinflusse, beeinflusse ich auch die Bildsprache und Bildgestaltung.

Aber bevor wir uns um Farben kümmern, schön Eines nach dem Anderen.

Wo fangen wir mit der Bildgestaltung also an?

Beim Blick durch den Sucher. Oder genaugenommen sogar schon davor. Wenn wir unsere Aufmerksamkeit schärfen (eine der beliebtesten Übungen im gesamten Shootcamp Basiskurs) dann geht diese Bildgestaltung schon los wenn wir mit der Kamera nur durch die Gegend ziehe und Motive suchen.

Wir konzentrieren uns dann schon auf Geometrie und Farben die wir wahrnehmen und überlegen uns schon vor dem ersten Blick durch den Sucher die Bildgestaltung. Mit dem Werkzeug Kamera wird dann mehr oder weniger nur noch umgesetzt, was vorher schon im Kopf entstanden ist.

Geometrie und Perspektive

Im Sucher passiert dann der nächste Schritt. Wir suchen uns im Idealfall eine Perspektive die nicht alltäglich ist. Aus der Perspektive aus der wir das Leben immer wahrnehmen ist meist nicht unbedingt der spannendste Blick auf ein Motiv zu finden. Also versuch dich in Bewegung zu halten, etwas weiter rauf, runter, links, rechts… Außergewöhnlichere Perspektive ist oft schon ein guter erster Ansatz für Bildgestaltung die das Auge fesselt.

Das ist auch einer der Gründe, warum ich insbesondere für den Start (aber auch später) Festbrennweiten empfehlen würde. Ein Zoom Objektiv verleitet einen immer wieder zu Faulheit. Stehen bleiben und Bildausschnitt ändern ist einfach. Aber wenn man sich bewegen muss mit einer Festbrennweite, findet man in dieser Bewegung meist neue, oft bessere Perspektiven und schärft den Blick.

Geometrie und Regeln

Ist eine Perspektive gefunden, ist die Geometrie der nächste Schritt.

Dazu gibt es verschiedene geometrische „Regeln“ – die einfachste davon ist die „Drittelregel“. Dabei wird das Bild (imaginär oder tatsächlich im Sucher mit der Gitteranzeige) in horizontale und vertikale Drittel geteilt. Sowohl die Flächen als auch die Schnittpunkte die sich dadurch ergeben sind gut geeignet, um darin Motive zu positionieren. Und nur in den seltensten Fällen ist dabei die mittlere Fläche die am besten geeignete 😉

Diese geometrischen Regeln wie goldener Schnitt usw sind allerdings mit viel Vorsicht zu genießen. Eine Regel ist manchmal nur zum brechen da, das darf man dabei nie vergessen.

Hätte ich dieses Foto in Hawaii von meiner Familie streng nach der Drittelregel gemacht, müßte meine Frau etwas weiter mittig sitzen. Außerdem müßte der Horiziont nicht mittig, sondern weiter oben an der Linie verlaufen. Aber es sind eben keine fixen Regeln die man immer einhalten soll, sondern Hilfsmittel die man mitbedenken und auch variieren kann.

Viel wichtiger ist hier die Farbharmonie zwischen Hauttönen, Himmel, Meer, Sand und die sehr reduzierten sonstigen Farben die nicht ablenken. Dazu gleich etwas mehr bei der Farblehre.

 

Zu viel im Bild?

Ein oft gesehener Fehler der nicht nur Anfänger trifft ist es zu viele Motive in ein Bild zu packen. „Wer sagt was zu viel ist“, ja, ich kenne die Widersprüche. Und auch hier gilt – Ausnahmen bestätigen die Regel.

Aber im Regelfall ist es so, dass ein Bild mit zu vielen Motiven dazu führt, dass es kein klar erkennbares Hauptmotiv gibt. Was es schwieriger macht für den Betrachter das Bild zu verarbeiten, die Aufmerksamkeit des Auges nicht eindeutig fesseln kann und somit kein Bild ist, das man länger als die berühmte eine Sekunde anschaut.

Wenn es dir gelingt, dem Auge möglichst wenig Ablenkung und ein möglichst klares Hauptmotiv zu liefern, wirst du feststellen, dass das Bild mehr Aufmerksamkeit bekommt. Ein abgelenktes Auge verläßt das Bild meist recht schnell und was auch immer du ausdrücken oder zeigen wolltest wird nicht wahrgenommen.

Im Zweifelsfall also immer für ein Hauptmotiv entscheiden.

Bildgestaltung und Farben

Ein wesentlicher Teil der Bildgestaltung, den man besonders als Anfänger in der Fotografie schnell übersieht, sind die Farben. An dieser Stelle könnte man wieder eine Grundsatzdiskussion starten, ob man mit der Fotografie „festhalten will was da ist“, oder ob man etwas gestalten will, so dass es für das Auge des Betrachters ansprechend ist.

Beides ist möglich. Man kann sein Augenmerk darauf legen, direkt beim Fotografieren alles was Bildgestaltung betrifft so gut wie möglich „richtig“ zu machen, oder man kann sich in der Bearbeitung helfen.

Egal wie du es anstellst, auf Farben zu achten ist wichtig. Also werfen wir einen Blick auf die wichtigsten Eckpunkte zu Farben und was sie mit deinen Fotos machen können.

Bildgestaltung mit Komplementärfarben

Der einfachste Weg ansprechende Farben in ein Bild zu holen sind die sogenannten Kompvlementärfarben. Also 2 Farben, die sich im Farbspektrum gegenüber stehen.

Als kleines Hilfsmittel dazu gibt es Apps mit denen du Farbpaletten finden kannst. So kannst du dir z.b. schon vorher überlegen, welche Farben in deinen Bildern gut zusammenpassen könnten. Du kannst dieses Tool aber auch erst bei der Bildbearbeitung zu Hilfe nehmen um eine schöne ansprechende Farbmischung ins Bild zu bekommen.

Mein Lieblingswerkzeug auf diesem Gebiet ist Adobe Color CC, eine kostenlose Web-App:

 

„Teal & Orange“ (siehe Screenshot oben) ist eine der bekanntesten Varianten ansprechender Komplementärfarben. Diese Variante wird sehr oft im Film und zur Zeit auch auf Instagram genutzt. Indem z.b. Himmelfarben leicht ins Grün gezogen werden um nicht mehr knallblau sondern eben Blaugrün zu sein und andere Bildbereiche eher ins warme gezogen werden entsteht dieser Bildlook.

Hier will ich dir keine fixen Regeln und Farbkombinationen vorschreiben oder mitgeben, das liegt sehr viel an Geschmack und persönlichem Stil den du für dich selbst finden kannst und auch sollst. Experimentiere nach deinem eigenen Geschmack mit Farben.

Mit der Zeit wird sich auch deine Wahrnehmung und damit deine Vorlieben in Sachen Farben verändern. Es spricht auch nichts dagegen, wenn du grad erst beginnst dich mit Farben zu beschäftigen, zu Beginn das was andere tun und Farben die du online in Fotos siehst zu kopieren.

Für den Lernprozess kann das sehr hilfreich sein. Vergiss nur nicht, auch wieder das Kopieren loszulassen und deinen eigenen Stil zu finden.

Was du zeigst und was du nicht zeigst

Genauso wichtig wie die Farben die du zeigst, sind damit aber auch die Farben die du nicht zeigst. Bzw denen du keine Dominanz im Bild erlaubst.

Versuche also – beim Fotografieren oder in der Bearbeitung – auch drauf zu achten, dass abgesehen von den Farben auf die du Wert legst auch die Farben die nicht dazu passen und das Bild stören keine Dominanz bekommen oder vielleicht ganz ausgeschlossen werden.

In Lightroom und anderen Bildbearbeitungsprogramme kannst du mit Hilfe der HSL Regler relativ einfach Farben dominanter machen oder ihnen Präsenz entziehen, auch ihre Tönung verändern usw. Nutze diese Hilfsmittel ohne zu übertreiben und du wirst sehen, wie sehr das deinen Bildern hilft.

 

Keine Angst vor Bildbearbeitung

Wie schon oben erwähnt, man kann in der Fotografie viel zu viele Grundsatzdiskussionen führen. Eine der unzähligen Möglichkeiten ist die, ob man ein Bild manipulieren darf oder nicht. Diese Diskussion ist tatsächlich völlige Zeitverschwendung, denn Fotos wurden seit sie gemacht wurden immer schon manipuliert. Fotografie ist sogar in gewisser Weise eine Manipulation der Realität und kein Abbild selbiger. Aber diese Diskussion werden wir hier nicht fertig führen können.

Bildgestaltung Beispiel 1

Dieses Foto ist auf unserer Weltreise entstanden. Alles ging sehr schnell, mein Sohn hat Brot gefunden und den Möwen gefüttert. Zeit darauf zu achten ob hier störende Elemente im Bild sein könnten war absolut nicht. Korrekte Belichtung (ja, das sieht unterbelichtet aus – immer auf die helleren Bildbereiche belichten, damit du in der Bearbeitung mehr rausholen kannst) und dann einfach versuchen die Szene möglichst komplett aufs Bild zu bekommen.

Bildausschnitt, Farben und Details lassen sich dann leicht in der Bearbeitung machen:

Aus meiner Sicht spricht rein gar nichts dagegen, sich Bildbearbeitung zunutze zu machen. Ein schönes aktuelles Beispiel aus dem Shootcamp war dieses Foto aus der Jänner Challenge. Schöne Farben, schönes Kantenlicht von der offensichtlich untergehenden Sonne (in großer Ansicht kommt das Bild noch besser) nur der Busch links unten in der Ecke hat ein wenig abgelenkt.

Ein paar Sekunden ohne viel Aufwand in Photoshop, weg damit und schon profitiert das ganze Foto davon.

Wir wollen schöne Fotos machen, wir wollen Bilder gestalten, also machen wir das einfach, mit den Mitteln die uns zur Verfügung stehen.

Wo wir schon dabei sind – hier kannst du dir meine 3 kostenlosen Lightroom Presets für Lightroom holen.

Bildgestaltung ist wie gesagt ein sehr sehr umfangreiches Thema bei dem man nie wirklich aufhört sich selbst weiterzuentwickeln.

Wenn du dich mehr um deine Bildgestaltung kümmern möchtest, ist der 7 wöchige Shootcamp Basiskurs vielleicht genau das Richtige für dich:

  • […] der wichtigsten Elemente der Komposition. Du kannst mit Farben spielen, um Stimmung, Kontrast und Harmonie zu erzeugen. Farben kannst du ebenfalls verwenden, um Kontraste im Bild zu erzeugen oder zu […]

  • […] Nutze ansprechende, professionelle Bilder. Das mag nach gesundem Menschenverstand klingen, aber wenn du möchtest, dass deine Follower mit deinen Posts interagieren ist das unablässig. Hier kannst du dir einfach einige Grundregeln anschauen, wie du ansprechende Fotos machst. […]

  • Hallo Christian,
    wie auch im Shootcamp einfach und trotzdem ausführlich und verständlich erklärt.
    Für mich ist die Bildgestaltung auch das wichtigste an der Sache.
    Da nehme ich mir immer besonders viel Zeit und habe lieber weniger aber dafür schönere Fotos auf der Festplatte.
    Entschleunigtes Fotografieren war für mich der Schlüssel vom Knipser zum Hobbyfotograf.
    Die Bildbearbeitung und speziell die Farben sind dann auch viel Geschmackssache .Es ist so wie du sagst .Hauptsache die Farben harmonieren miteinander.
    Also guter Artikel und Danke dafür.

    L.G. Alex

  • Hallo! Sehr schöne Zusammenfassung dieses Themas! Ein kleiner Fehler hat sich allerdings eingeschlichen. Die Teilungslinien für den goldenen Schnitt liegen innerhalb jener der Drittelteilung, d.h. beim Bild deiner Frau in Hawaii müsste sie rechts von sich selbst sitzen, also näher zur Mitte hin.

    Liebe Grüße, Helmut

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